C4

Herkunft: unbekannt

Es handelt sich um einen Naturstein, vermutlich Feuerstein, 4,5 cm hoch, 4 cm breit, 4,6 cm tief und 76 g schwer. Er hat eine unregelmäßige Form und eine abwechslungsreiche Beschaffenheit, die durch verschiedene Abstufungen von Rauheit und Glattheit gekennzeichnet ist. Einige Stellen weisen unterschiedlich tiefe Dellen auf. Die Farbgebung deckt ein Spektrum von Weiß- über hellgraue und gelbliche bis zu Schwarztönen ab. Aus einem Blickwinkel lässt sich im Stein eine gespenstartige Gestalt erkennen.

Geschichte: Es ist Spätsommer 2008. Jagoda und Matthias sind ein frisch verliebtes Paar. Sie leben in Berlin. Sie ist angehende Kunsthistorikerin und Anglistin, 26 Jahre alt, er Musiker, 29. Sie begeben sich auf eine ihrer ersten gemeinsamen Reisen. Es geht nach Rügen. Nach einer Zugfahrt mit mehrmaligem Umsteigen erreichen sie die Insel und stellen ihr Zelt auf einem Campingplatz mitten im Wald auf. Die nächsten drei Tage verbringen sie beim Wandern in duftenden Wäldern und an steinigen Stränden. Während sie bei einem der Strandspaziergänge eine kurze Pause einlegen, blickt sie auf einmal aus dem Steinmeer heraus eine besondere Gestalt an: ein Gesicht, ein Lächeln, „ein guter Geist“, so ihre unmittelbare Reaktion. Es ist ein kleiner Naturstein, in dem sich eine geisterhafte Gestalt erkennen lässt. Sie nehmen den „lächelnden Steingeist“ nach Berlin mit und geben ihm den Namen Hui bui, eine Anspielung auf Hui Buh, das Schlossgespenst, die Hauptfigur einer Hörspielserie und Buchreihe für Kinder und Jugendliche. Hui bui bekommt einen Platz in der gemeinsamen Wohnung der beiden und wird zu deren stillen, aber bedeutungsvollen Alltagsbegleiter.

Kurz nach der Reise zieht Jagoda für ein Studium nach Dublin. Sie bleibt dort ein Jahr und vermisst dabei Berlin und ihren Freund. In einem Berliner Fotoautomaten macht Matthias Bilder für Jagoda, auf welchen er Hui bui in seiner Hand hält. Nur auf dem letzten ist auch sein Gesicht hinter dem Steingeist zu sehen. Hui bui steht hier für das Zuhause in der Ferne. Von einem Souvenir von einer Reise wird er zu einem Symbol des Zuhauses in einer Zeit der Abwesenheit und des Getrenntseins. 2017 ziehen sie in einen anderen Kiez innerhalb Berlins um. In der neuen Wohnung verschiebt sich wiederum die Bedeutung von Hui bui. Da dort eine Nostalgie gegenüber der ersten gemeinsamen Wohnung aufkommt, rückt der Erinnerungswert von Hui bui stärker in den Vordergrund. Er stellt jetzt weniger ein Zuhause-Symbol der Gegenwart dar. Vielmehr steht er für eine Vergangenheit, die sich zum Teil mit der Zeit des ursprünglichen Urlaubs deckt, allerdings den längeren Zeitraum der frühen Beziehung und der ersten Wohnung umfasst. Als Erinnerungsstück hat Hui bui über die Jahre hinweg somit einen mehrschichtigen Überschreibungsprozess erfahren, der über die Funktion eines Reisesouvenirs hinausgeht.

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